Die gegenwärtige sog. „Flüchtlingskrise“ fordert Hilfsorganisationen und den Katastrophenschutz in vielfacher Hinsicht stark heraus: Das DRK, der ASB, die Johanniter- Unfallhilfe oder die Malteser versorgen Geflüchtete und betreiben seit Monaten Notunterkünfte im ganzen Bundesgebiet; Feuerwehren, das THW und die Bundeswehr unterstützen bei der Einrichtung von Unterkünften. In manchen Hilfsorganisationen wird vom größten je stattgefundenen Einsatz in Deutschland gesprochen, der auch die Strukturen der Hilfsorganisationen, wenn nicht sogar des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes generell, nicht unangetastet lässt. Gleichzeitig verändert sich auch die Rolle der Bevölkerung und sog. neuer Engagementformen, die in der gegenwärtigen Lage anders als früher agieren. Forderte der Wunsch vieler Bürger*innen, sich zu engagieren, viele Hilfsorganisationen während des Hochwassers 2013 noch grundlegend heraus, ist die Zusammenarbeit heute ein integraler Bestandteil der Hilfe; ohne diese Formen des Engagements wäre das System vermutlich längst an seine Grenzen gelangt.

Zugleich zeichnet sich bereits ab, dass, obwohl die praktische Bewältigung der Lage anhält, längst auch strukturelle institutionelle und organisationale Veränderungen in den einzelnen Hilfsorganisationen und im System des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes insgesamt z.T. noch von den einzelnen Akteuren relativ unbemerkt, stattfinden, die Fragen nach der generellen auch normativen Zielsetzung eines Katastrophenschutzes der Zukunft aufwerfen (müssen).

Es scheint daher mehr als geboten, in einen wissenschaftlichen und zugleich praxisorientierten Austausch- und Reflexionsprozess einzutreten, der die bisherigen Erfahrungen systematisiert, Veränderungsprozesse kartiert, Best Practices identifiziert, Lehren für die Zukunft zieht und am konkreten Bedarf der Praxis orientierte Forschungsfragen generiert.

Das KatNet lädt daher alle Interessierten Behörden, staatlichen sowie nicht-staatlichen Hilfsorganisationen, zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüsse und Wissenschaft zum gemeinsamen Workshop am 19. und 20. Mai 2016 in Berlin ein.

Da sich das Feld gegenwärtig durch eine ganz eigene „Logik der Praxis“ auszeichnet, die v.a. von der Notwendigkeit schneller Hilfe sowie vielfach ganz lokalen (Lern-)Erfahrungen getrieben und damit auch ständigen Veränderungen unterworfen ist, und auf Seiten der Wissenschaft ein Prozess der Analyse, Systematisierung, Generierung von Forschungsfragen erst beginnt, wollen wir mit dem Workshop das klassische vornehmlich an der Wissenschaft ausgerichtete Tagungs-

format verlassen und (noch) stärker als sonst transdisziplinär arbeiten. Wir hoffen, so einen Beitrag zum Verstehen der gegenwärtigen Dynamiken leisten zu können, aber auch ganz praktisch in der konkreten Bewältigung durch Wissensaustausch und die Weitergabe von Best Practices unterstützen zu können.

Wir planen ein Format, welches einerseits kurze thematische Inputs zu für die Teilnehmer*innen relevanten Themenfeldern mit andererseits einem sehr offenen Teil (Open Space, World Café o.ä.), der Raum für transdisziplinären Austausch und Diskussion bietet, verbindet.

Die Teilnehmer*innen haben die Möglichkeit, uns ein Themenfeld zu benennen, zu dem sie einen kurzen Input (max. 5-10 min.) geben möchten oder welches in einem offeneren Format mit den anderen Teilnehmer*innen diskutiert werden sollte. Wir bitten alle Interessierten bis zum 31. März 2016 entsprechende Zusendungen an Daniel F. Lorenz (daniel.lorenz@fu- berlin.de) und Cordula Dittmer (cordula.dittmer@fu-berlin.de).